Confusion

Ursachen, Krankheiten und medizinischer Überblick:

 

1. Was ist Confusion? – Eine Definition

„Confusion“ ist der englische Begriff für Verwirrtheit und wird in der medizinischen Fachsprache oft auch verwendet, wenn es um geistige Desorientierung geht. Gemeint ist damit eine Störung des Denkens, der Aufmerksamkeit, der Orientierung oder des Gedächtnisses. Menschen, die verwirrt sind, wirken oft desorganisiert, können sich schwer konzentrieren, haben möglicherweise Gedächtnislücken oder sind zeitlich, örtlich oder situativ desorientiert. Auch Persönlichkeitsveränderungen, Reizbarkeit oder ein verändertes Bewusstsein können dazugehören.

Es handelt sich nicht um eine eigenständige Krankheit, sondern um ein Symptom, das auf viele verschiedene körperliche oder psychische Erkrankungen hinweisen kann – manche davon akut und potenziell lebensbedrohlich.

Typische Anzeichen von Verwirrtheit:

  • Desorientierung (Zeit, Ort, Person)
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Verändertes Bewusstsein oder Wahrnehmung
  • Unzusammenhängende Sprache
  • Gedächtnisprobleme
  • Reizbarkeit oder Apathie
  • Verändertes Verhalten

Die Ursachen reichen von einfachen Kreislaufstörungen bis hin zu schweren Erkrankungen wie Demenz, Schlaganfall oder Sepsis. Nachfolgend werden die wichtigsten Ursachen systematisch dargestellt.

 

2. Akute Ursachen für Confusion – oft Notfälle

2.1 

Delirium (akutes Verwirrtheitssyndrom)

Das Delir ist eine häufige Ursache akuter Verwirrtheit, vor allem bei älteren Menschen oder Intensivpatienten. Es ist gekennzeichnet durch plötzliche kognitive Störungen, Aufmerksamkeitseinbußen, Halluzinationen und veränderte Schlaf-Wach-Rhythmen. Die Ursachen sind vielfältig:

  • Infektionen (z. B. Harnwegsinfekte, Pneumonie)
  • Operationen (v. a. bei älteren Patienten)
  • Medikamente (z. B. Anticholinergika, Benzodiazepine, Opioide)
  • Alkohol- oder Drogenentzug
  • Stoffwechselentgleisungen (z. B. Elektrolytstörungen, Hypoglykämie)

Beispiel: Ein älterer Patient mit einer Lungenentzündung wirkt plötzlich verwirrt, unruhig, erkennt Angehörige nicht mehr – ein typisches Bild für ein Delir.

 

2.2 

Schlaganfall oder TIA (transitorisch ischämische Attacke)

Ein Schlaganfall kann sich nicht nur durch Lähmungen oder Sprachstörungen äußern, sondern auch durch akute Verwirrtheit – insbesondere bei Durchblutungsstörungen im Bereich des Temporallappens oder der rechten Gehirnhälfte.

Hinweis: Wenn Verwirrtheit plötzlich auftritt, begleitet von Sprachstörungen, Lähmungen oder Sehstörungen, sollte sofort der Notruf gewählt werden – Verdacht auf Schlaganfall.

 

2.3 

Hypoglykämie (Unterzuckerung)

Vor allem bei Diabetikern kann ein niedriger Blutzucker zur akuten Verwirrtheit führen. Oft treten dabei auch Schwitzen, Zittern, Unruhe oder Bewusstseinsstörungen auf.

Schnelle Hilfe: Zucker zuführen, ggf. Glukagon-Injektion oder Notarzt rufen.

 

2.4 

Sepsis (Blutvergiftung)

Bei einer Sepsis ist die Verwirrtheit oft eines der ersten Anzeichen einer lebensbedrohlichen Organdysfunktion, insbesondere bei älteren oder geschwächten Patienten.

 

Typische Anzeichen:

  • Fieber oder Untertemperatur
  • Schwäche
  • Niedriger Blutdruck
  • Schneller Puls
  • Verwirrtheit

 

2.5 

Medikamentenintoxikation oder -nebenwirkungen

Viele Medikamente können bei Überdosierung oder auch im normalen therapeutischen Bereich (v. a. bei älteren Menschen) zu Verwirrtheit führen. Besonders betroffen sind:

  • Schlafmittel, Benzodiazepine
  • Schmerzmittel (z. B. Opioide)
  • Antidepressiva
  • Parkinsonmittel
  • Anticholinergika
  • Cortison

 

2.6 

Alkoholentzug oder Drogenmissbrauch

  • Alkoholentzug kann ein Delirium tremens auslösen: schwere Verwirrtheit, Halluzinationen, vegetative Entgleisungen.
  • Drogen (z. B. Kokain, Amphetamine, LSD) können akute psychotische Zustände hervorrufen.
  • Vergiftungen (z. B. Kohlenmonoxid, Pilze) führen ebenfalls häufig zu Verwirrtheitszuständen.

 

3. Chronische oder schleichende Ursachen für Confusion

 

3.1 

Demenz

Die häufigste chronische Ursache für Verwirrtheit bei älteren Menschen ist die Demenz – allen voran die Alzheimer-Krankheit. Die Verwirrtheit tritt meist schleichend auf, ist fortschreitend und von Gedächtnisstörungen, Wortfindungsproblemen und Orientierungsverlust begleitet.

 

Weitere Demenzformen:

  • Vaskuläre Demenz (nach kleinen Schlaganfällen)
  • Lewy-Body-Demenz (mit Halluzinationen)
  • Frontotemporale Demenz (häufig mit Persönlichkeitsveränderung)

 

3.2 

Depression im Alter (Pseudodemenz)

Bei älteren Menschen kann eine Depression mit starker Konzentrationsstörung und scheinbarer Verwirrtheit einhergehen – man spricht dann von Pseudodemenz. Im Gegensatz zur echten Demenz ist diese Form aber reversibel und behandlungsfähig.

 

3.3 

Hirntumor

Ein Hirntumor kann je nach Lage das Denkvermögen, das Gedächtnis oder die Orientierung beeinflussen. Meist entwickelt sich die Symptomatik langsam und geht mit anderen Zeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, neurologischen Ausfällen oder Wesensveränderungen einher.

 

3.4 

Chronische Stoffwechselstörungen

Langfristige Funktionsstörungen wichtiger Organe können zu sogenannter „metabolischer Enzephalopathie“ führen – also einer Störung des Gehirns durch Stoffwechselungleichgewichte:

  • Leberversagen (hepatische Enzephalopathie)
  • Nierenversagen (urämische Enzephalopathie)
  • Chronische Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)

 

4. Psychiatrische Ursachen

 

4.1 

Schizophrenie

Menschen mit Schizophrenie können vor allem in akuten psychotischen Phasen desorganisiert und verwirrt erscheinen, teils mit Wahnideen, Halluzinationen oder Gedankenflucht.

 

4.2 

Akute Belastungsreaktion / Trauma

Nach extrem belastenden Ereignissen (z. B. Unfall, Verlust) können akute Verwirrtheitszustände auftreten, die kurzfristig sind und sich häufig ohne Medikamente zurückbilden.

 

5. Weitere Ursachen – weniger häufig, aber relevant

 

5.1 

Vitaminmangel

  • Vitamin B1-Mangel (Wernicke-Enzephalopathie): typisch bei Alkoholikern, mit Verwirrtheit, Augenbewegungsstörungen und Gangunsicherheit.
  • Vitamin B12-Mangel: kann zu neurologischen Ausfällen und Gedächtnisstörungen führen.

 

5.2 

Infektionen des Gehirns

  • Meningitis (Hirnhautentzündung): Fieber, Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen, Verwirrtheit.
  • Enzephalitis (Gehirnentzündung): oft durch Viren wie Herpes-simplex – führt zu Fieber, epileptischen Anfällen, Bewusstseinsstörungen.

 

5.3 

Autoimmunenzephalitis

Eine seltene, aber schwerwiegende Erkrankung, bei der das Immunsystem das Gehirn angreift – teils mit Psychose, Halluzinationen und Verwirrtheit als Anfangssymptome. Besonders bekannt: Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis.

 

5.4 

Hydrozephalus (Wasserkopf)

Ein Normaldruckhydrozephalus bei älteren Menschen kann Verwirrtheit, Gangstörung und Inkontinenz verursachen – eine oft übersehene, aber behandelbare Ursache.

 

6. Diagnostik bei Confusion – was tun bei Verwirrtheit?

Erste Schritte:

  • Klinische Untersuchung (Vitalzeichen, neurologische Prüfung, Bewusstseinslage)
  • Blutuntersuchung (Elektrolyte, Glukose, Nieren-/Leberwerte, Entzündungszeichen, Vitaminstatus)
  • Urinuntersuchung (Infektionen ausschließen)
  • EKG / Herzüberwachung
  • CT oder MRT des Kopfes bei Verdacht auf Schlaganfall, Tumor oder Blutung
  • Liquorpunktion bei Verdacht auf Meningitis oder Enzephalitis

 

7. Therapie – abhängig von der Ursache

Da Verwirrtheit ein Symptom ist, muss die Behandlung an der Ursache ansetzen:

Ursache / Behandlung

Delir

Infektionsbehandlung, Flüssigkeit, Absetzen auslösender Medikamente, ggf. Antipsychotika

Hypoglykämie

Glukosegabe

Schlaganfall

Notfallversorgung, Lyse, Stroke Unit

Demenz

Symptomatische Therapie, Angehörigenberatung

Vitaminmangel

Substitution

Psychose

Psychiatrische Behandlung, Medikamente

Sepsis

Antibiotika, Intensivmedizin

 

8. Wann sollte man zum Arzt?

 

Verwirrtheit sollte immer ärztlich abgeklärt werden, besonders wenn sie:

  • plötzlich auftritt,
  • sich rasch verschlechtert,
  • mit Fieber, Krampfanfällen oder neurologischen Ausfällen einhergeht,
  • nach einer Operation oder im Rahmen einer Infektion auftritt.

 

9. Fazit

Verwirrtheit („Confusion“) ist ein ernstzunehmendes Symptom mit vielfältigen Ursachen. Von harmlosen Ursachen wie Schlafmangel oder Stress bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Schlaganfall oder Sepsis ist vieles möglich. Die genaue Abklärung durch medizinisches Fachpersonal ist unerlässlich, um schnell die richtige Behandlung einzuleiten – denn gerade bei akuten Ursachen zählt oft jede Minute.

 

10. Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN): Leitlinien Demenz, Delir, Schlaganfall
  • American Psychiatric Association: DSM-5 – Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
  • UpToDate: Clinical manifestations and diagnosis of delirium
  • MSD-Manual: Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen
  • RKI: Leitlinie Sepsis
  • Deutsche Gesellschaft für Geriatrie: Delirmanagement im Alter
  • NICE Guidelines: Delirium: prevention, diagnosis and management