Clubbing / Trommelschlägelfinger / Uhrglasnägel

Ursachen, Bedeutung, Diagnostik und Behandlung

Einleitung

Das sogenannte „Clubbing“ (deutsch: Trommelschlägelfinger oder Uhrglasnägel) ist ein klinisches Zeichen, das durch eine charakteristische Veränderung der Finger- und/oder Zehenendglieder auffällt. Es handelt sich dabei nicht um eine eigenständige Erkrankung, sondern vielmehr um ein Symptom, das auf eine zugrunde liegende chronische Erkrankung hindeuten kann – oftmals aus dem pulmonalen, kardiovaskulären, gastrointestinalen oder endokrinen Formenkreis. Die frühzeitige Erkennung und Einordnung ist entscheidend für die Diagnosefindung und Einleitung einer gezielten Therapie der Grundkrankheit.


Was ist Clubbing?

Definition

Clubbing beschreibt eine pathologische Verformung der Finger- oder Zehenendglieder, die durch eine Verdickung des Weichteilgewebes an den distalen Phalangen (Endgliedern) gekennzeichnet ist. Typischerweise verändert sich dabei auch die Nagelstellung, sodass es zum sogenannten Uhrglasnagel kommt – ein Nagel mit übermäßiger Wölbung sowohl in der Längs- als auch Querrichtung. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist der Verlust des sogenannten Lovibond-Winkels: Der normalerweise etwa 160° betragende Winkel zwischen Nagel und Nagelbett wird stumpf oder verschwindet ganz.

Erscheinungsformen

Man unterscheidet verschiedene Stadien des Clubbing:

  1. Frühstadium: Weichteilschwellung des Nagelbetts, Verlust des Lovibond-Winkels.

  2. Fortgeschritten: Trommelschlägelform der Finger, vermehrte Wölbung der Nägel.

  3. Hypertrophe Osteoarthropathie (HOA): Zusätzlich zum Clubbing treten Schmerzen und Schwellungen der langen Röhrenknochen auf, insbesondere der Unterarme und Unterschenkel.


Pathophysiologie: Wie entsteht Clubbing?

Die genauen pathophysiologischen Mechanismen sind nicht vollständig geklärt. Mehrere Hypothesen wurden aufgestellt, die sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern vermutlich ergänzen:

1. Vaskuläre Hypothese

Diese Theorie geht davon aus, dass es durch chronische Hypoxie zu einer Freisetzung von gefäßaktiven Substanzen (z. B. Prostaglandinen, VEGF, PDGF) kommt, die zu einer Gefäßerweiterung und Kapillarneubildung (Angiogenese) führen. Die gesteigerte Durchblutung begünstigt das Wachstum des Bindegewebes in den Fingerendgliedern.

2. Plättchen-basierte Hypothese (Plättchen- und Megakaryozyten-Hypothese)

Diese Theorie postuliert, dass bei bestimmten Erkrankungen Megakaryozyten und Thrombozyten aus dem Knochenmark die Lunge passieren können, ohne zerstört zu werden (z. B. bei Lungen-Shunts). Diese Zellen können dann in den Kapillaren der Fingerendglieder stecken bleiben und dort Wachstumsfaktoren wie PDGF freisetzen.

3. Neurogene und genetische Faktoren

Auch eine Rolle des Nervensystems sowie genetischer Einflüsse wurde untersucht. Bei hereditären Formen des Clubbing (z. B. im Rahmen der primären hypertrophen Osteoarthropathie) könnten genetische Mutationen beteiligt sein, die zu einer Fehlregulation der Gewebsneubildung führen.


Ursachen von Clubbing

Clubbing tritt selten isoliert auf. In den meisten Fällen ist es Ausdruck einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung. Die Ursachen lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen:

1. Pulmonale Ursachen (am häufigsten)

a. Lungenkarzinom

  • Häufigster maligner Auslöser von Clubbing.

  • Besonders bei nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom.

  • Oft mit hypertropher Osteoarthropathie verbunden.

b. Lungenfibrose

  • Idiopathische pulmonale Fibrose ist ein klassisches Beispiel.

  • Hypoxie-induzierte Veränderungen spielen eine große Rolle.

c. Zystische Fibrose (Mukoviszidose)

  • Bei dieser autosomal-rezessiv vererbten Stoffwechselkrankheit ist Clubbing ein häufiges Langzeitsymptom.

d. Bronchiektasen

  • Erweiterungen der Bronchien infolge chronischer Infektionen.

  • Häufig bei postinfektiösen Zuständen oder Mukoviszidose.

e. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

  • Weniger häufig mit Clubbing assoziiert, es sei denn, es liegt ein anderer Prozess wie ein Lungenkarzinom vor.

f. Tuberkulose

  • Besonders in Ländern mit hoher TB-Prävalenz relevant.

2. Kardiovaskuläre Ursachen

a. Zyanotische Herzfehler

  • Angeborene Herzfehler wie Fallot-Tetralogie, transponierte große Gefäße.

  • Rechts-Links-Shunt führt zu systemischer Hypoxie.

b. Endokarditis

  • Subakute bakterielle Endokarditis kann mit Clubbing einhergehen.

  • Auch durch embolische Prozesse bedingt.

c. Infektiöse Aneurysmen und vaskuläre Missbildungen

3. Gastrointestinale Ursachen

a. Leberzirrhose

  • Besonders bei biliärer Zirrhose.

  • Vermutlich durch Shunts zwischen Leber und systemischem Kreislauf bedingt.

b. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, bei denen Clubbing beobachtet werden kann.

c. Zöliakie (Sprue)

  • Clubbing tritt hier selten, aber dokumentiert auf.

d. GIT-Tumoren

  • Besonders Ösophagus- oder Kolonkarzinome.

4. Endokrine und metabolische Ursachen

a. Thyreotoxikose

  • Selten, aber bekannt bei Morbus Basedow (Graves' disease).

b. Akromegalie

  • Durch vermehrtes Wachstumshormon können Veränderungen des Weichteilgewebes entstehen.

5. Erbliche (primäre) Ursachen

a. Primäre hypertrophe Osteoarthropathie (PHOA)

  • Auch Pachydermoperiostose genannt.

  • Autosomal-dominant vererbbar.

  • Symptome: Clubbing, Periostose, Hyperhidrose, Hautverdickungen.


Diagnostik

Klinische Untersuchung

  • Schamroth-Zeichen (Schamroth’s window test): Normalerweise entsteht zwischen den Nagelbetten zweier gegeneinandergelegter Zeigefinger ein kleines rhomboidales Fenster. Bei Clubbing verschwindet dieses Fenster.

  • Palpation: Weichteilvermehrung an den Endgliedern.

  • Beobachtung: Übermäßige Nagelwölbung, Aufhebung des Lovibond-Winkels.

Bildgebung

  • Röntgen: Zeigt mögliche periostale Appositionen bei hypertropher Osteoarthropathie.

  • CT-Thorax: Bei Verdacht auf Bronchiektasen, Lungenfibrose oder Lungenkarzinom.

  • Echokardiografie: Bei Verdacht auf zyanotische Herzfehler oder Endokarditis.

Labor

  • Entzündungsparameter: CRP, BSG

  • Leberwerte

  • Schilddrüsenhormone

  • Tumormarker (je nach Verdachtsdiagnose)

  • Serologien (bei Infektionsverdacht, z. B. Tuberkulose)


Behandlung

1. Behandlung der Grunderkrankung

Da Clubbing ein sekundäres Symptom ist, besteht die Hauptstrategie in der gezielten Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung. Die Regression des Clubbing nach erfolgreicher Therapie ist möglich, aber nicht immer gegeben.

Beispiele:

  • Lungenkarzinom: Chirurgische Resektion, Chemo- und Strahlentherapie.

  • Mukoviszidose: Antibiotika, Atemtherapie, Lungentransplantation.

  • Zyanotische Herzfehler: Korrektur durch Herzchirurgie.

  • Leberzirrhose: Management der Ursache (z. B. Alkoholabstinenz, antivirale Therapie bei Hepatitis), ggf. Lebertransplantation.

2. Symptomatische Therapie

Bei schmerzhaften Formen wie der hypertrophen Osteoarthropathie kann eine symptomatische Behandlung notwendig sein:

  • Analgetika: NSAR oder COX-2-Hemmer.

  • Physiotherapie

  • Bisphosphonate: Bei ausgeprägter Periostose.

3. Keine spezifische Behandlung bei idiopathischem Clubbing

Bei isoliertem, asymptomatischem Clubbing ohne erkennbare Grunderkrankung (z. B. familiär) ist keine Therapie erforderlich. Wichtig ist hier jedoch eine sorgfältige Abklärung.


Prognose

Die Prognose hängt vollständig von der Grunderkrankung ab. Bei malignen Ursachen wie dem Bronchialkarzinom kann Clubbing ein Frühzeichen sein und zur frühzeitigen Diagnostik beitragen. Umgekehrt kann eine Regression des Clubbing ein Hinweis auf Therapieansprechen sein.


Differenzialdiagnosen

  • Akromegalie

  • Psoriasisarthritis

  • Thymome

  • Lupus erythematodes

  • Sarkoidose

  • Rheumatoide Arthritis mit Fingerdeformitäten

  • Hereditäre Fingerverformungen ohne Clubbing (z. B. Trommlerdaumen)


Zusammenfassung

Clubbing ist ein wichtiges klinisches Zeichen, das auf schwerwiegende systemische Erkrankungen hinweisen kann – insbesondere aus dem pulmonalen und kardiovaskulären Formenkreis. Die frühzeitige Erkennung und gründliche Abklärung der Ursache ist entscheidend, da eine gezielte Therapie der Grunderkrankung in vielen Fällen eine Rückbildung des Clubbing ermöglichen kann. Isoliertes Clubbing ohne pathologischen Befund bleibt eine Ausschlussdiagnose und erfordert eine engmaschige Kontrolle.


Quellen

  1. Spicknall, K. E., Zirwas, M. J., & English, J. C. (2005). Clubbing: an update on diagnosis, differential diagnosis, pathophysiology, and clinical relevance. Journal of the American Academy of Dermatology, 52(6), 1020–1028.

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  8. Mayo Clinic. Clubbing: Symptoms and causes. https://www.mayoclinic.org/symptoms/clubbing/basics/definition/sym-20050832

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